Vom Mönch und dem Brunnen

Eines Tages kamen zu einem einsamen Mönch einige Menschen und fragten ihn: „Was für einen Sinn siehst du in deinem Leben der Stille und der Meditation?“

Der Mönch war eben mit dem Schöpfen von Wasser aus einem tiefen Brunnen beschäftigt, er unterbrach seine Arbeit und sprach zu den Besuchern: „Schaut in den Brunnen. Was seht ihr?“ Die Leute blickten in den tiefen Brunnen. „Wir können nichts sehen.“ Nach einer kurzen Weile forderte der Mönch die Leute erneut auf: „Schaut in den Brunnen! Was seht ihr jetzt?“ Die Leute blickten erneut hinunter: „Ja, jetzt können wir uns selbst sehen!“ Daraufhin sagte der Mönch: “Nun, als ich vorhin Wasser schöpfte, war das Wasser unruhig. Jetzt ist das Wasser ruhig. Das ist die Erfahrung der Stille und der Meditation: Man sieht sich selber! Und nun wartet noch eine Weile.“

Nach einer Weile sagte der Mönch erneut: „Schaut jetzt in den Brunnen. Was seht ihr?“ Und wieder blickten die Menschen tief in den Brunnen hinunter: „Nun sehen wir die Steine auf dem Grund des Brunnens.“ Da erklärte der Mönch: „Das ist die Erfahrung der Stille und der Meditation. Wenn man lange genug wartet, sieht man den Grund aller Dinge.“

Quelle: Abenteuer Philosophie, Ausgabe Jänner – März 2015

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